(Ein kleiner Teil von)
Milo's Geschichte
An diesem Morgen wachte ich an Billy gekuschelt von selbst auf, niemand hatte mich geweckt. In den ersten paar Sekunden des Aufwachens, wachgeküsst von den warmen Lichtstrahlen die ihren Weg zu mir, vorbei an den Baumkronen fanden, war ich dankbar für einen traumlosen Schlaf gewesen. Ich bemerkte, als ich mich langsam aufrappelte und leise ein wenig schüttelte, dass alle Anderen noch schliefen. Ich fragte mich ob ich sie wecken sollte? Auf der einen Seite war gestern ein anstrengender Tag gewesen, auf der andern wollten wir doch zum Grünberg reisen und ich wusste nicht, wie weit der Weg noch war. Doch, bevor ich mich entscheiden konnte, was ich nun unternahm, wurde ich durch einen gelben Schmetterling der sich auf einen Grashalm setzte abgelenkt.
Ich beobachtete ihn aus einer Wolfslänge Abstand neugierig. Langsam pirschte ich mich nach einiger Zeit an ihn heran. Ganz langsam, verschreck´ ihn nicht! Dachte ich mir. Als ich bis auf eine Kaninchenlänge an ihn herangekommen war, machte ich einen Satz nach vorn, um ihn zu fangen. Ich begrub den Grashalm unter meinen Pfoten. Doch ich konnte schon sehen, dass ich nicht schnell genug gewesen war. Der Tagfalter war mir entwischt. »Das sind aber auch flinke Dinger.« murmelte ich leise in mich hinein und sprang aufs Neue dem Schmetterling hinterher. Er hatte sich seitlich zum Rinnsal bewegt, flatterte nun an der sandigen Stelle zwischen Waldboden und Wasser. Ich wartete einen kleinen Moment, folgte ihm mit den Augen und zack, sprang ich erneut nach ihm. Ich verfehlte ihn nur knapp mit meiner Schnauze. Da bemerkte ich, dass ja direkt ins Wasser sprang. Platsch! Das Kühle nass Spritzte überall hin. Der Tagfalter schien unbeeidruckt. »Hey, hiergeblieben!« lachte ich. Diesmal machte er es mir schwieriger: Er flog an einen der Steine unseres gestrigen Lagerfeuers. Das Feuer war so weit ich sah erloschen, also setzte ich zum Sprint an. Dieses mal hatte ich einen Plan, denn ich wollte ihn ein mit einem Hechtsprung fangen. Ich lief los und setzte zum Sprung an, doch genau jetzt flog er weiter nach links. Zu der Stelle, aus der wir gestern hergekommen waren. Ich musste abbremsen! Ich zog meinen Oberkörper nach oben und presste Vorder- und Hinterbeine nach Vorn, aber es nützte nichts. Ich verlor beim Aufkommen das Gleichgewicht und rutschte auf der Seite direkt ins Lagerfeuer. Bums! Ein Glück brennt es nicht mehr. Dachte ich mir, als ich sah wie Rußig mein Fell war, doch wo war der Schmetterling? Da! Auf einer Blume auf dem anderen Ende des Bachs. Ich verzog mit einem Lächeln die Augen zu schlitzen »Jetzt hab´ ich dich.« sagte ich, dann schüttelte ich mich, schabte mit meiner linken Vorderpfote im Ruß und schrie beim Losrennen: »Auf ihn mit Gebrüll!« Ich rannte total schnell über das Rinnsal, es bremste mich kaum aus. Am anderen Ende des Gewässers angekommen Sprang ich erneut. Diesmal auf die Blume mit dem sich immer noch in Sicherheit wiegenden Schmetterling darauf. Mit der Schnauze zuerst schnappte ich zu. Ich war wieder nicht schnell genug gewesen, der Schmetterling flog wieder davon. Ich bemerkte erst als ich ihm zusah, wie er aus der Lichtung in den Tiefen Wald flog, dass ich die Blume scheinbar gefressen hatte. Ich folgte ihm nicht, sondern spuckte ein paar Blütenblätter aus und kugelte mich vor Lachen. »Auf Wiedersehen. Hat Spaß gemacht.« rief ich ihm noch nach, als ich mich wieder gefangen hatte.
Ich kehrte mich vom Waldrand ab, um etwas am Rinnsal zu trinken. Diese ganze Rumgerenne- und Rumgespringerei hatte mich durstig gemacht. Mit etwas Scham blickte ich in Tinos, Shilas, Lous und Billys sehr unterschiedliche Gesichter. Sie waren wach. Alle. Durch mich? Sie standen dort, wo sie eben noch gelegen und geschlafen hatten, um die nun kaputte Feuerstelle herum. Lou und Tino hatten den, meines Erachtens nach, Positivsten Gesichtsausdruck. Lou funkelte mich mit einem Lächeln an. Tino lächelte auch, aber mit einem leichten Kopfschütteln. Genau wie Billy. Er wirkte irgendwie Traurig, es sah sogar so aus, als würde er Tränen in den Augen haben, sein Lächeln zitterte auch ein wenig. Ich verstand nicht warum. Hatte ich etwas kaputt gemacht? Also außer das Lagerfeuer? Shila hingegen sah einfach nur müde aus. Ich glaubte aber, sie übertrieb ihre Müdigkeit ein wenig. Schlaff stand sie da, die Mundwinkel tief nach unten gezogen, die Augen nur zur Hälfte offen. „Du hast mich geweckt und ich finde es nicht gut.“ Sagte dieser Blick.
Etwas verschämt ging ich durch das Wasser auf sie zu. »Hähä, guten Morgen?«